Der folgende Text wurde von mir für meine Spieler in einer meiner Rollenspielrunden verfasst. Diese Kampagne spielt in einer selbstgetrickten Welt in der Drachen herrschen und alle anderen Wesen nur Besitz und Sklaven sind. Einen etwas höheren Status (aber immer noch Besitz der echten Drachen) sind drachenblütige Wesen (Dragonborn, Echsenmenschen, Koboldet usw.) In der stark rollenspiellastigen Kampagne taten sich die Spieler immer etwas schwer, die Geschichte mit dem Status auf die Reihe zu bekommen. Aus diesem Grund hatte ich mal den Text verfasst.
Da das Thema ja irgendwie in jeder Sitzung mal wieder aufkommt, wollte ich hier noch mal ein paar wichtige Punkte zu Status und Rang in einer Feudalhierarchie im Allgemeinen und in dem Imperium des Goldenen Drachen im Speziellen zusammenfassen. Ich möchte euch bitten, diese stets im Kopf zu haben, wenn ihr als eure Charaktere agiert.
Status ist alles!
In einer Feudalhierarchie bestimmt dein Status so ziemlich alles was du bist. Dein Status legt deinen Platz innerhalb der Gesellschaft fest, damit die Gesellschaft funktionieren kann (wo kämen wir denn da hin, wenn nicht für Jeden klar wäre, wo er hin gehört). Seinen Status „erbt“ man in den allermeisten Fällen von seiner Familie, und normalerweise bewegt man sich sein ganzes Leben lang nur in einem, seinem Status angemessenen Umfeld (auch wenn es ihm gigantische Vorteile bringen würde, ein adeliger Gutsbesitzer wird schlichtweg nicht auf der Hochzeit eines einfachen Bauern tanzen). Nur sehr wenige Leute wechseln je ihren Status. Am ehesten noch durch Heirat mit einem Höherrangigen, was allerdings selten vorkommt. Und das ist auch für alle Leute in einer solchen Gesellschaft völlig normal!
Status ist meist, aber nicht notwendigerweise immer mit Reichtum und/oder Macht gleichzusetzen. Beispiele dafür (verarmte Adelige gegenüber reichen aber fast rechtlosen jüdischen Kaufleuten) gibt es in der Geschichte reichlich.
Seinen Status zeigt man!
Den Status einer Person sieht man ihr normalerweise an. Kleidung, Schmuck, Auftreten, besondere Ausrüstung (Waffen, Werkzeug) und das ganze allgemeine Umfeld einer Person spiegelt ihren Status wieder. Es ist unzüglich (oft genug sogar illegal) sich nicht seinem Status entsprechend zu kleiden, zu benehmen oder auszurüsten, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten.
Seinen Status lebt man!
Jedermann innerhalb einer Feudalen Gesellschaft kennt seinen Platz und verteidigt ihn strikt. Sogar die Bettler haben eine interne Hackordnung (wer höherrangig ist, darf an den einträglicheren Plätzen betteln oder in geschützteren Winkeln schlafen). Verbrüderungen mit angehörigen einer anderen Gesellschaftsschicht (ganz besonders niedrigrangigeren) kommen nicht vor. Niedrigrangigere Leute behandelt man wie niedrigere Wesen, höherrangigen gegenüber ist man respektvoll, und zwar lieber etwas mehr (was für unsere modernen Verhältnisse schleimig wirken mag), als zuwenig, denn wehe dem Niedrigrangigeren, der einen Höherrangigen respektlos behandelt, selbst wenn es unabsichtlich geschieht. Er kann damit rechnen, dass die ganze Gesellschaft sich gegen ihn wendet.
Das heißt nicht, dass ein Höherrangiger einen niedrigrangigen schlecht behandeln muss, aber er wird, zumindest in der Öffentlichkeit, den ihm zustehenden Respekt einfordern, selbst wenn die beiden eng befreundet sind. Sonst verliert er selber in den Augen der Gesellschaft an Status, und sein ganzes Umfeld, vor Allem seine Familie (deren Statusentwicklung mit der seinen unausweichlich verknüpft ist) wird ihn deswegen unter Druck setzen.
Status ist nicht gerecht.
Nach unserem modernen, demokratisch-freiheitlich geprägtem Denken ist eine so extreme Sicht auf Status und Rang seltsam, aber in einer strikten Feudalgesellschaft ist er ganz normal. Die Gesellschaft würde ohne diese Hierarchie nicht funktionieren. Höherrangige haben mehr Rechte und Privilegien, ihr Wort zählt vor dem Gesetz mehr, und man gesteht ihnen mehr Freiräume und Entscheidungskompetenz zu. Die Frage, ob so etwas gerecht ist, stellt sich in diesem Zusammenhang schlichtweg nicht. Die allermeisten Leute kommen gar nicht auf die Idee, diese Gesellschaftsordnung zu hinterfragen. Das wäre so, als würde man hinterfragen, dass die Sonne leuchtet. Es ist einfach unvorstellbar.
Ihr kennt nichts anderes
Eure Charaktere sind in dieser Gesellschaft aufgewachsen, haben nie eine andere Gesellschaftsform kennen gelernt, oder auch nur davon gehört, und kommen eigentlich auch gar nicht auf die Idee, diese zu hinterfragen. Allzumal ihr ja als Lord’s Men ziemlich weit oben in der Hackordung steht, und die entsprechenden Privilegien genießt. Kein vernünftig denkender Mensch (Elf, Zwerg, Dragonborn, wasauchimmer) würde das aufs Spiel setzen, indem er sich mit niederem Pöbel verbrüdert oder mehr mit diesem umgeht, als es die Pflicht erfordert. (Natürlich wird ein Lord’s Man, wenn es denn sein Job erfordert, mit einem Bauern oder Bettler reden, und ein wohltätiger Priester wird die Armen versorgen. Aber er würde sich nicht mit diesen verbrüdern oder seine Freizeit mit ihm verbringen wollen. Eine kleine Ausnahme gilt hier für diejenigen Charaktere, die selber aus einer niedrigrangigeren Familie stammen und sich ihre gehobene Position erarbeitet haben. Diese dürfen natürlich nach wie vor mit ihrer Familie interagieren, schließlich hat die Familie durch ihren Aufstieg auch an Status gewonnen. Aber mit Sicherheit werden die übrigen Familienmitglieder den Aufgestiegenen, zumindest in der Öffentlichkeit, mit dem ihm gebührenden Respekt behandeln.)
Drachenblut steht über allem.
Egal, was auch immer sonst passieren mag, in den Augen der Gesellschaft sind alle Drachenblütigen in einer für nicht Drachenblütige unerreichbaren Klasse über den „niederen Rassen“. Selbst ein ehemaliger Sträfling genießt diesen automatischen Respekt. Das heißt nicht, dass der Drachenblütige auch automatisch der Boss ist (allerdings wird die Gesellschaft bei einer gemischten Gruppe zunächst automatisch davon ausgehen und in 99% der Fälle richtig liegen), aber auch wenn er unter dem Kommando eines nicht-Drachenblütigen steht, wird er von diesem mit dem entsprechenden Respekt behandelt werden.
Natürlich gibt es dann innerhalb der Drachenblütigen, wie überall, wieder weiterreichende Hierarchien, aber selbst der niedrigste Drachenblütige steht per Geburt über den anderen und sollte ein entsprechend respektvolles Verhalten erwarten und bekommen.
Fazit
Versucht einfach mal beim Rollenspiel im Umgang mit NPCs und auch miteinander das ganze ein wenig mehr als bisher im Hinterkopf zu behalten und auszuspielen. Vergesst nicht, ein solches Verhalten wird von der Gesellschaft erwartet. Wer sich nicht entsprechend verhält, schadet nicht nur seinem eigenen Ansehen, sondern auch dem seiner Familie, seiner (Standes) Kollegen und seinem Lord, und auch wenn es deinem Charakter vielleicht egal sein mag, wie ihn andere sehen, ich denke es dürfte ihm nicht egal sein, wenn sein Lord irgendwann der Meinung ist, ein Exempel statuieren zu müssen um die natürliche Ordnung wieder her zu stellen.
Um Missverständnissen vorzubeugen:
Respektvolles und statusbewusstes Verhalten heißt nicht, dass der mit dem höheren Status die anderen automatisch herumkommandieren kann (das ist eine Frage der Befehlshierarchie die zwar oft aber keinesfalls immer gleichbedeutend oder verknüpft mit Status ist). Es ist vielmehr eine Frage des Umgangstons miteinander, ganz besonders in der Öffentlichkeit, wo der Rest der Gesellschaft es mitbekommt.