Entweder alle Leute bekommen ein Blutdruckgerät angeschlossen und dürfen nur dann posten, wenn ihr Blutdruck und Puls normal sind, oder wir gewöhnen uns alle an, auf einen Beitrag nicht direkt zu antworten (besonders dann nicht, wenn er uns emotional erregt hat!), sondern erst einmal mindestens eine Stunde Bedenkzeit, besser eine Runde
Nachtschlaf darüber vergehen zu lassen, bevor wir antworten.
Emaillisten und Foren sind ein schwieriges Medium für uns Menschen, denn die Evolution hat uns so gebaut, dass wir in der Kommunikation miteinander auf oft sehr subtile Anzeichen über die Stimmungslage unseres Gegenübers reagieren. Das sind komplexe Signale aus Körperhaltung, Gesichtsausdruck und Stimmlage die es uns ermöglichen,
sich in sein Gegenüber ein zu fühlen und im Umgang miteinander rechtzeitig ein paar Gänge zurück zu schalten, ehe die Fetzen fliegen.
Das klappt im normalen Alltag meist relativ gut. Die Frequenz von Prügeleien und Totschlag auf offener Straße ist glücklicherweise sehr gering.
Im Mumble oder Teamspeak haben wir zumindest noch die Stimme des anderen, was schon vieles abfedert.
Auf Mailinglisten und Foren, also den rein schriftlichen Kommunikationswegen fehlt dieses System der beidseitigen Checks und Balances aber völlig. Darum kocht hier so oft die Suppe über, weil gerade die immens wichtige emotionale Kommunikation auf diesem Weg leider nur unvollständig ist. Besonders Krass ist dieses Problem bei Twitter, denn die erzwungene Kürze der Nachrichten und das extreme Tempo in diesem Medium garantieren geradezu Missverständnisse.
Das ist nur natürlich und menschlich, aber trotzdem nicht gut. Unsere technische Entwicklung ist in den letzten Jahren nun einmal wesentlich schneller abgelaufen, als unsere psychologische Evolution. In ein paar Hundert Generationen haben sich wahrscheinlich dann diejenigen genetischen Typen durchgesetzt, die auch innerhalb der rein schriftlichen Kommunikation miteinander klar kommen ohne sich bei jedem kleinen Missverständnis gleich gegenseitig an die Gurgel zu springen.
Wer aber nicht so lange warten will, der sollte sich dieses Problem immer wieder bewusst machen, ganz besonders wenn er sich über irgend etwas aufregt was er liest und schon die Finger auf der Tastatur hat um sofort seinen Senf dazu zu geben.
Tut es nicht.
Bitte nehmt erst einmal die Pfoten wieder zurück, atmet tief durch und lasst euren Puls wieder auf eine normales Maß sinken.
Denkt daran, der andere hatte wahrscheinlich als er seinen Text geschrieben hat genau das selbe Problem wie du jetzt.
Wahrscheinlich hat er das was er geschrieben hat nicht so hart gemeint wie du es jetzt verstanden hast.
Und selbst wenn, musst du es ihm wirklich gleich tun?
Versuch doch, den Teufelskreis zu durchbrechen.
Das ist nicht einfach, wir sind schließlich alle menschlich, aber wenn es dir schwer fällt, dann gesteh auch dem anderen zu das es ihm genau so geht.
Es geht uns da allen gleich und wir müssen da alle immer wieder an uns arbeiten.
Mir persönlich hilft es da meist, erst einmal ein wenig Zeit vergehen zu lassen. Nach ein paar Stunden oder am nächsten Tag sieht das alles meist gar nicht mehr so wild aus. Andere Leute mögen andere Taktiken haben, mit ihren aus dem Ruder laufenden Emotionen umzugehen. Letztendlich gilt hier: Was funktioniert ist gut.
Denkt immer dran: Der andere ist auch nur ein Mensch, gemacht für vielschichtige bidirektionale emotionale Kommunikation aber gefangen in einem einseitigen, begrenzten schriftlichen Medium.
Also immer cool bleiben.